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Unsicherheiten durch A-Post Plus

A-Post Plus sorgt insbesondere bei Fristen für Unsicherheiten
Ein rustikaler Briefkasten - Unsicherheiten durch A-Post Plus

Bei A-Post Plus bestätigt die Post nicht die Übergabe an einen Empfänger, sondern lediglich die Hinterlegung in Briefkasten oder Postfach. Dieser Unterschied zum klassischen Einschreiben führt regelmässig zu falsch berechneten Fristen.

Rechtsanwaltssubstitutin Flavia Mattioz

Flavia Mattioz

Rechtsanwaltssubstitutin bei Fricker und Füllemann Rechtsanwälte
Studium an der Universität Luzern mit Abschluss Master of Law (Luzern) im Jahr 2019, nicht als Anwältin zugelassen.

Rechtsanwalt Matthias Fricker

Matthias Fricker

Rechtsanwalt und Partner bei Fricker und Füllemann Rechtsanwälte
Studium an der Universität St. Gallen mit Abschluss Master in Law (M.A. HSG in Law) im Jahr 2012, eingetragen in Anwaltsregister des Kantons Zürich, Mitglied des Zürcher Anwaltsverbandes.

Rechtsanwalt Fabian Füllemann

Fabian Füllemann

Rechtsanwalt und Partner bei Fricker und Füllemann Rechtsanwälte
Studium an den Universitäten St. Gallen und Zürich mit Abschluss Master of Law UZH im Jahr 2013, eingetragen in Anwaltsregister des Kantons Zürich, Mitglied des Zürcher Anwaltsverbandes.

So unterscheiden sich A-Post Plus und Einschreiben

Mit A-Post Plus verspricht die Schweizerische Post eine höhere Transparenz des gesamten Versandprozesses. So kann wie beim Einschreiben der aktuelle Verarbeitungs- und Zustellstatus jederzeit nachverfolgt werden.

Im Unterschied zum Einschreiben wird jedoch nicht der Empfang durch den Empfänger quittiert. Die Post bestätigt stattdessen bei A-Post Plus lediglich, dass eine Sendung im Briefkasten oder Postfach des Empfängers deponiert wurde. Das Hinterlegen der Sendung gilt dabei bereits als Zustellung. Es erfolgt also weder eine persönliche Zustellung noch ‑bei Abwesenheit des Empfängers- eine Avisierung durch Hinterlegung einer Abholungseinladung mit Frist.

Problem: Unterschiedliche Fristen

Die Fristen von A-Post Plus und Einschreiben unterscheiden sich immer dann, wenn ein Einschreiben nicht unmittelbar zugestellt, sondern lediglich eine Abholeinladung hinterlegt wird. Als Eröffnung gilt dabei entweder der Tag der Abholung der Sendung oder spätestens der siebte Tag nach dem ersten Zustellungsversuch (sog. Zustellfiktion). Der Empfänger eines Einschreibens kann den Beginn des Fristenlaufes somit bis zu einer Woche hinauszögern. Der Empfänger einer A-Post Plus-Sendung ist demgegenüber im Nachteil. Der Fristbeginn kann in keiner Weise beeinflusst werden.

Zudem wird oftmals in denjenigen Fällen die Rechtsmittelfrist falsch berechnet, in denen eine Sendung am Freitag versandt, am Samstag an ein Postfach zugestellt und erst am Montag abgeholt wird. Ein so versendetes Einschreiben gilt am Montag als eröffnet. Die Frist beginnt am Dienstag zu laufen. Dagegen gilt bei einer ebenfalls am Montag abgeholten A‑Post Plus Sendung bereits der Samstag als Eröffnung. Die Frist beginnt also bereits am Sonntag zu laufen.

Sendungen mit A-Post Plus bringen somit in der Regel kürzere Fristen mit sich. Es empfiehlt sich bei der Fristberechnung jeweils immer mittels Track & Trace der Schweizerischen Post das genaue Zustelldatum zu prüfen.

A-Post Plus nicht überall rechtlich zulässig

Im Strafverfahren hat die Zustellung von Mitteilungen der Strafbehörden durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung zu erfolgen. Eine Zustellung mit A‑Post Plus genügt den gesetzlichen Anforderungen nach Ansicht des Bundesgerichtes nicht.

Eine ähnliche Regelung gilt im Zivilprozess. So müssen Vorladungen, Verfügungen und Entscheide durch eingeschriebene Postsendung oder auf andere Weise gegen Empfangsbestätigung erfolgen. Andere Sendungen können jedoch durch gewöhnliche Post zugestellt werden.

Unnötige Rechtsunsicherheit durch A-Post Plus

Zusammengefasst vergrössert A-Post Plus die Rechtsunsicherheit und erschwert die Fristenwahrung unnötig. Einerseits sind sich Laien der Bedeutung der Einhaltung von Fristen oft nicht bewusst beziehungsweise vergessen oftmals, wann eine Mitteilung in Empfang genommen wurde. Andererseits wird die Organisation gerade kleinerer Anwaltskanzleien nicht berücksichtigt. Unbesehen allfälliger Abwesenheiten beginnt die Frist in jedem Fall am Folgetag der Zustellung zu laufen. Obwohl der Samstag für Behörden und Anwälte gemeinhin als arbeitsfreier Tag gilt, ist dennoch eine fristauslösende Zustellung möglich.

Die immer häufigere Nutzung von A-Post Plus durch Behörden und Ämter ist unserer Meinung nach nicht gerechtfertigt. Im Unterschied zu A-Post Plus schafft die Zustellung per Einschreiben gerade weniger Unsicherheiten. Allfällige Kostenerwägungen -pro Versand ist immerhin eine Ersparnis von bis zu CHF 3.90 möglich‑ haben dagegen in den Hintergrund zu treten. Mithin drängt sich geradezu der Verdacht auf, dass einzelne Behörden die aufgezeigten Probleme systematisch ausnützen und sich mittels Verfristung eine relevante Anzahl an Rechtsmitteln und damit Arbeit zu ersparen. So versendet die SUVA routinemässig am Freitag fristauslösende Sendungen mit A-Post Plus, welche dann am Samstag zugestellt werden.

Es bleibt abzuwarten, ob das Bundesgericht zum bisher bewährten Einschreiben zurückkehren wird oder seine Praxis anderweitig korrigiert.

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