IV-Eingliederungsmassnahme ablehnen: Was, wenn man nicht arbeitsfähig ist?
Matthias Fricker
Rechtsanwalt und Partner bei Fricker und Füllemann Rechtsanwälte
Studium an der Universität St. Gallen mit Abschluss Master in Law (M.A. HSG in Law) im Jahr 2012, eingetragen in Anwaltsregister des Kantons Zürich, Mitglied des Zürcher Anwaltsverbandes.
Fabian Füllemann
Rechtsanwalt und Partner bei Fricker und Füllemann Rechtsanwälte
Studium an den Universitäten St. Gallen und Zürich mit Abschluss Master of Law UZH im Jahr 2013, eingetragen in Anwaltsregister des Kantons Zürich, Mitglied des Zürcher Anwaltsverbandes.
Viele Betroffene geraten in eine schwierige Lage: Die IV-Stelle fordert die Teilnahme an beruflichen Eingliederungsmassnahmen – obwohl man sich selbst als vollständig arbeitsunfähig erlebt. Doch was passiert, wenn, wenn Versicherte eine IV-Eingliederungsmassnahme ablehnen? Was bedeutet die Mitwirkungspflicht? Und welche Rechte haben Versicherte?
🎯 „Eingliederung vor Rente“: Das Prinzip der Invalidenversicherung
Die IV verfolgt den Grundsatz „Eingliederung vor Rente“. Bevor ein Rentenentscheid fällt, prüft die IV, ob eine (teilweise) berufliche Wiedereingliederung möglich ist. Dazu fordert sie Versicherte oft auf, an sogenannten Eingliederungsmassnahmen teilzunehmen – etwa an einem Belastbarkeitstraining, Integrationsprogramm, einer medizinischen Massnahme oder einer Abklärung der Arbeitsfähigkeit.
⚠️ IV-Eingliederungsmassnahme ablehnen: Drohen Konsequenzen?
Ja – Versicherte die ohne triftigen Grund eine IV-Eingliederungsmassnahme ablehnen, riskieren schwerwiegende Folgen:
- Ablehnung der IV-Rente
- Kürzung oder Einstellung von Taggeldern
- Verletzung der Mitwirkungspflicht (Art. 43 ATSG)
Das gilt auch, wenn die IV-Rente noch nicht gesprochen wurde: Die Mitwirkungspflicht gilt bereits im Vorfeld der Leistungsprüfung.
🧠 Was, wenn ich wirklich nicht arbeitsfähig bin?
Wer trotz IV-Eingliederungsmassnahme komplett arbeitsunfähig ist, muss dies klar und rechtzeitig belegen – z. B. durch:
- ärztliche Berichte (Hausarzt, Psychiater, Fachärzte)
- Gutachten zur Arbeitsunfähigkeit
- Dokumentation der gesundheitlichen Einschränkungen
Wichtig ist, dass die Unzumutbarkeit der Massnahme plausibel und nachvollziehbar gemacht wird. Denn die Beweislast liegt in der Regel bei der versicherten Person.
🖋️ Bereitschaftserklärung zur IV-Massnahme nicht unterschreiben – was tun?
Die IV verlangt manchmal eine schriftliche Bereitschaftserklärung zur Teilnahme an beruflichen Massnahmen – oft verbunden mit einem vordefinierten Belastbarkeitsprofil (z. B. „70 % Arbeitsfähigkeit, leichte Tätigkeit im Sitzen“).
➡️ Wenn dieses Profil nicht mit der Realität übereinstimmt, sollte die Erklärung nicht unterschrieben, sondern schriftlich kommentiert werden:
„Die in der Bereitschaftserklärung angegebene Arbeitsfähigkeit entspricht nicht meiner tatsächlichen gesundheitlichen Situation. Ich sehe mich aktuell als vollständig arbeitsunfähig und bitte um medizinische Neubegutachtung.“
So signalisiert man Kooperationsbereitschaft, ohne falsche Angaben zu bestätigen.
📎 Alternative: IV-Massnahme verschieben oder sistieren
Wenn die vollständige Verweigerung nicht sinnvoll erscheint, kann man auch eine temporäre Sistierung oder Verschiebung der Massnahme beantragen – etwa mit Verweis auf:
- instabile Gesundheitssituation
- bevorstehende Behandlung oder Klinikaufenthalt
- fehlende Belastbarkeit für Eingliederung
Auch hier gilt: Je besser die Situation medizinisch belegt ist, desto eher wird ein Sistierungsgesuch akzeptiert.
✅ Fazit: Keine unüberlegte Ablehnung – aber klarer Widerspruch bei Unzumutbarkeit
Es ist regelmässig problematisch, wenn Versicherte ohne weitere Begründung IV-Eingliederungsmassnahmen ablehnen. Wer sich jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht eingliederungsfähig sieht, hat das Recht, dies fundiert zu begründen – und muss keine voreilige Erklärung unterzeichnen.
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