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Zu wenig Abstand

Zu wenig Abstand

Zu wenig Abstand - und plötzlich ist der Führerausweis weg!

Warum zu wenig Abstand im Strassenverkehr heikler ist, als viele denken

Täglich spielt sich die folgende Situation unzählige Male auf den hiesigen Strassen ab: Autofahrer A möchte Autofahrer B überholen, doch vor ihm blockiert Autofahrer C mit gemütlichen 110 km/h die Überholspur. A fährt etwas näher auf, nicht unbedingt aggressiv, aber doch in der Hoffnung, C zum Spurwechsel zu bewegen.

Nicht in jedem Fall, aber immer öfter erhält A kurze Zeit später Post von der Polizei: Aufgrund einer Abstandsmessung wurde ein Strafverfahren wegen zu wenig Abstand gegen ihn eröffnet. Kurz darauf meldet sich auch noch das Strassenverkehrsamt und will ihm den Führerausweis entziehen.

 

Alltagssituation – mit juristischem Risiko

Wer in der Schweiz Auto fährt, weiss: Auf der linken Spur wird oft gebummelt. Wer überholen will, muss manchmal warten – und fährt dann allenfalls für ein paar Sekunden etwas näher auf. Ohne zu blinken, ohne zu drängeln, einfach als nonverbales Signal. Dieses Verhalten ist weit verbreitet. Viele machen es – aber nur wenige werden erwischt. Und wer erwischt wird, hat empfindliche Folgen zu gewärtigen.

Abstandsdelikte gehören heute mithin zu den häufigsten Gründen für Führerausweisentzüge in der Schweiz. Besonders auf Autobahnen genügt oft ein kurzer Moment mit zu wenig Abstand – schon wird hart sanktioniert.

Besonders ärgerlich: Während leichte Abstandsunterschreitungen scharf geahndet werden, bleibt unnötiges Linksfahren meist folgenlos.

Wie wird der Abstand gemessen?

Polizeiliche Abstandsmessungen werden in der Regel mit speziellen Messanlagen oder aus zivilen Polizeifahrzeugen erstellt. Basierend auf Videoaufnahmen wird mittels sogenannter Weg-/Zeit-Analyse errechnet, wie viel Abstand zwischen den Fahrzeugen bestand. Kritisch: Es zählt meist der kleinste gemessene Abstand, nicht das durchschnittliche Fahrverhalten. Besonders problematisch: Auch Handyaufnahmen können ausreichen, wenn die Auswertung korrekt erfolgt.

Schon wenige Sekunden unter dem zulässigen Wert haben einen Strafbefehl sowie Führerausweisentzug zur Folge.

Wie viel Abstand ist «zu wenig Abstand»?

In Praxis und Rechtsprechung haben sich zwei Faustregeln etabliert:

  • „Halber-Tacho-Regel“: Der Abstand in Metern sollte mindestens der Hälfte der gefahrenen Geschwindigkeit in km/h entsprechen. Dies entspricht einem Zeitabstand von 1.8 Sekunden.
  • „Zwei-Sekunden-Regel“: Der Zeitabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug sollte mindestens zwei Sekunden betragen.

 

Bei zu wenig Abstand laufen immer zwei Verfahren: So ist zwischen der strafrechtlichen Qualifikation durch die Staatsanwaltschaft (einfache oder grobe Verkehrsregelverletzung) und der administrativmassnahmenrechtlichen Qualifikation durch das Strassenverkehrsamt (leichte, mittelschwere oder schwere Widerhandlung) zu unterscheiden. Strafrechtlich droht eine Busse, Geld- oder Freiheitsstrafe. Administrativ droht ein Führerausweisentzug – bei groben Verstössen mindestens für drei Monate.

Abstand in Sekunden

Strafrechtliche Qualifikation

Administrativmassnahmenrechtliche Qualifikation

< 0.3 Sekunden

Qualifiziert grobe Verkehrsregelverletzung (Raserdelikt)

In der Regel vorsorglicher Führerausweisentzug mit Anordnung eines verkehrspsychologischen Gutachtens

< 0.6 Sekunden

In der Regel grobe Verkehrsregelverletzung

In der Regel schwere Widerhandlung → mind. 3 Monate Führerausweisentzug

0.6–1.2 Sekunden

Einfache oder grobe Verkehrsregelverletzung (je nach Umständen)

In der Regel mittelschwere oder leichte Widerhandlung (je nach Umständen) → mind. 1 Monat Entzug

über 1.2 jedoch  <1.8 Sekunden

Teilweise einfache Verkehrsregelverletzung

Teilweise leichte Widerhandlung → Verwarnung bzw. mind. 1 Monat, wenn in vorangegangenen zwei Jahren bereits Ausweis entzogen war

Wichtig: In seinem Leitentscheid BGE 131 IV 133 hat das Bundesgericht klargestellt, dass für die Qualifikation immer eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls massgebend ist. Bei besonders ungünstigen Verhältnissen (schlechte Sicht, Nässe, hohes Verkehrsaufkommen) kann auch eine an sich geringere Abstandsunterschreitung zu einer strengeren Beurteilung führen.

Fazit

Die Grenze zwischen Alltagsverhalten und Rechtsverstoß ist schmal. Was viele für eine harmlose Geste auf der Überholspur halten, wird im Messprotokoll zum Entzugsgrund. Der Fairness halber müsste auch unnötiges Linksfahren konsequenter geahndet werden – denn es ist oft der Auslöser für die gefährlichen Situationen.

Wer betroffen ist, sollte nicht einfach abwarten, sondern bereits frühzeitig aktiv abklären lassen, ob die Messung korrekt ist. Nur so können Sie Ihre Rechte optimal wahren.

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