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Hundekurse für Halter – Rechtskurse für Veterinärämter

Verfügung Veterinäramt Hund

Verfügung vom Veterinäramt: Wenn Behörden juristisches Wissen fehlt

Der Trend zu einer strengeren Hundehaltung ist unübersehbar: Verschiedene Kantone setzen auf Gesetzesverschärfungen und führen obligatorische Kurse für Halter ein. Die Botschaft ist klar: Wer einen Hund führt, soll lernen, Verantwortung zu übernehmen.

Aus unserer täglichen Praxis im Hunderecht erleben wir aber ein anderes, oft übersehenes Defizit – und zwar nicht primär bei den Haltern, sondern in der Praxis der Veterinärbehörden einzelner Kantone. Dort fehlt es bisweilen am notwendigen juristischen Rüstzeug. Unsere Wahrnehmung ist pointiert: Nicht nur die Hundehalter, auch die zuständigen Behörden wären in vielen Fällen auf eine juristische Weiterbildung angewiesen.

Wenn Fallzahlen wichtiger sind als der Sachverhalt

Wir beobachten oft behördliche Massnahmen, die auf einer scheinbar einfachen Logik beruhen: Mehr Vorfälle = strengere Auflagen.

Was dabei jedoch häufig zu kurz kommt, ist die sorgfältige Abklärung der Hintergründe nach rechtsstaatlichen Grundsätzen. Welcher Hund hat tatsächlich gebissen? Wurden die Halterpflichten verletzt – oder war es genau umgekehrt?

Ein Beispiel aus unserer Praxis: Ein Hund war korrekt angeleint, als ein freilaufender Hund ohne sichtbaren Halter auftauchte und ihn attackierte. Trotzdem leitete das zuständige Veterinäramt ein Verfahren gegen unseren Mandanten ein und drohte einschneidende Massnahmen an – einzig weil sein Hund in einen „Vorfall“ verwickelt war. Erst durch unsere Intervention konnte der Sachverhalt geklärt und aufgezeigt werden, dass die Verantwortung nicht bei unserem Klienten lag. Solche schematischen Entscheide sind nicht nur ungerecht, sondern auch rechtlich anfechtbar.

Rechtsstaatliche Standards und verwaltungsrechtliche Prinzipien gelten auch für Veterinärämter

Als Anwälte für Tierrecht sind wir damit konfrontiert, dass die Verfahrensführung von Veterinärbehörden bisweilen Mängel aufweist. Besonders häufig stellen wir fest:

  • Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV): Die Einwände und Darstellungen der Halter werden nicht ausreichend gewürdigt oder nur pro forma zur Kenntnis genommen.

  • Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes: Der Sachverhalt wird nur oberflächlich oder einseitig abgeklärt, anstatt alle relevanten Umstände zu ermitteln.

  • Nicht verhältnismässige Anordnungen: Massnahmen wie Leinen- oder Maulkorbzwang werden mechanisch angeordnet, statt die Notwendigkeit und Eignung im konkreten Einzelfall sorgfältig zu prüfen.

Das Ergebnis: Verwaltungsrechtliche Verfügungen, die später von Gerichten korrigiert oder aufgehoben werden müssen. Dies führt nicht nur zu unnötigem Aufwand für alle Beteiligten, sondern auch zu einem wachsenden Vertrauensverlust bei den Hundehaltern.

Tierärzte sind keine Juristen – eine strukturelle Herausforderung

Ein Grund für diese Defizite liegt in der personellen Zusammensetzung der Veterinärämter. Gerade in kleineren Kantonen sind die Sachbearbeiter oftmals ausgebildete Tierärztinnen und Tierärzte. Ihre tiermedizinische und verhaltensbiologische Expertise ist unbestritten und wertvoll. Dies ist jedoch kein Vorwurf an die einzelnen Personen: Das Problem ist struktureller Natur, wenn tiermedizinisches Fachwissen nicht in ein rechtsstaatlich sauberes Verwaltungsverfahren übersetzt wird. Fachliche Einschätzungen ersetzen keine korrekte Rechtsanwendung.

Ein Umdenken zeichnet sich ab

Das Problembewusstsein für die juristischen Fallstricke im Tierschutzrecht wächst, auch innerhalb der Behörden. Dies hat mehrere Gründe: Einerseits setzen die Behörden selbst einen stärkeren Fokus auf den Tierschutz, was zu einer Zunahme der Verfahren führt. Andererseits haben medienwirksame Fälle mit hohem Spektakelwert, wie derjenige von Hefenhofen TG, die Öffentlichkeit und die Politik für die Komplexität der Materie sensibilisiert.

Erfreulicherweise führt dies zu konkreten Massnahmen. Es ist ein wichtiges Signal, dass Institutionen wie die Staatsanwaltsakademie Schweiz hierauf reagieren. Deren Kurse im Tierschutzstrafrecht, die sich explizit an Mitarbeitende der zuständigen Verwaltungsbehörden richten, zeigen, dass der Bedarf an spezifischer juristischer Expertise von offizieller Seite erkannt und adressiert wird.

Fazit

Obligatorische Hundekurse mögen sinnvoll sein, aber sie greifen zu kurz, wenn die Behörden, die über das Schicksal von Hund und Halter entscheiden, nicht gleichermassen geschult sind. Wir plädieren für einen Perspektivenwechsel: Hundekurse für Halter sind das eine – konsequente juristische Weiterbildung für Veterinärämter in den Grundlagen des Verwaltungsrechts ist das andere.

Denn nicht jeder Vorfall rechtfertigt einen Maulkorb. Aber jede behördliche Verfügung muss den Anforderungen des Rechtsstaats genügen.

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FAQ - Häufige Fragen zum Verwaltungsverfahren beim Veterinäramt

Nicht immer. Aus unserer anwaltlichen Praxis erleben wir oft, dass Massnahmen (z.B. Leinen- oder Maulkorbzwang) verhängt werden, ohne den Sachverhalt sauber und vollständig abzuklären. Formelle und materielle Fehler sind keine Seltenheit.

Wir stellen oft Mängel in drei Bereichen fest:

Fehlendes rechtliches Gehör: Die Argumente des Halters werden nicht ausreichend gewürdigt.

Mangelhafte Abklärungen: Der Sachverhalt wird nur oberflächlich oder einseitig ermittelt.

Unverhältnismässigkeit: Die angeordnete Massnahme ist zu streng für den konkreten Vorfall.

Jeder dieser Verfahrensfehler kann dazu führen, dass die gesamte Verfügung juristisch anfechtbar wird. In einem solchen Fall sollte ein Rechtsmittel geprüft werden, um die Massnahme korrigieren oder aufheben zu lassen.

Das Problem ist -gerade in kleinen Kantonen- meist struktureller Natur. Viele Mitarbeitende sind exzellente Tierärzte, aber keine Juristen. Ihnen fehlt oft die vertiefte Ausbildung im Verwaltungsrecht, um ihre tiermedizinischen Einschätzungen in ein juristisch unangreifbares Verfahren zu überführen.

Eine Auflage ist dann unverhältnismässig, wenn sie nicht geeignet, erforderlich und zumutbar ist, um ein Ziel (z.B. öffentliche Sicherheit) zu erreichen. Es muss immer geprüft werden, ob ein milderes Mittel – eine weniger einschneidende Massnahme – ebenfalls ausreichen würde. Nicht jeder Vorfall rechtfertigt sofort einen Maulkorb.

Ja, gegen eine behördliche Verfügung können Sie  ein Rechtsmittel ergreifen. Aber Achtung: Die von Kanton zu Kanton verschiedenen Fristen sind oft kurz (manchmal nur 14 Tage). Zudem ist die Praxis der Gerichte eher streng. Im Zweifel wird oft zugunsten der öffentlichen Sicherheit entschieden. Professionelle anwaltliche Hilfe ist daher frühzeitig zu empfehlen.

Ruhe bewahren und die gesetzten Fristen prüfen. Antworten Sie nicht überstürzt und geben Sie keine Stellungnahme ab, ohne die Akten geprüft und sich juristisch beraten zu lassen. Ein frühzeitiges Gespräch mit einem spezialisierten Anwalt klärt die Ausgangslage und definiert die beste Strategie.

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Matthias Fricker

Rechtsanwalt und Partner bei Fricker und Füllemann Rechtsanwälte
Studium an der Universität St. Gallen mit Abschluss Master in Law (M.A. HSG in Law) im Jahr 2012, eingetragen in Anwaltsregister des Kantons Zürich, Mitglied des Zürcher Anwaltsverbandes.

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Fabian Füllemann

Rechtsanwalt und Partner bei Fricker und Füllemann Rechtsanwälte
Studium an den Universitäten St. Gallen und Zürich mit Abschluss Master of Law UZH im Jahr 2013, eingetragen in Anwaltsregister des Kantons Zürich, Mitglied des Zürcher Anwaltsverbandes.

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